Neben der Zeit, die Sie mit Ihren Patient:innen in der Praxis verbringen, fällt der Aufwand, der für die Organisation Ihrer Praxis nötig ist, besonders ins Gewicht, wenn Sie sich selbständig machen.
Der Unterschied zwischen einem Angestelltenverhältnis und einer Tätigkeit als Vertragspsychotherapeut:in oder Vertragsärzt:in macht sich unter anderem daran fest, dass Sie für alle Organisations- und Verwaltungsaufgaben selbst zuständig sind, ob Sie diese Aufgaben nun delegieren oder selbst durchführen.
An welche Aufgaben muss ich denken?
Unter die Praxisorganisation fallen Aufgaben wie
- Buchhaltung und Abrechnung
- Sachmittelbestellung
- Pflege der Praxis-Software und Hardware
- allgemeine Post (Versicherungen, KV, Berufsverbände, Fachliteratur etc.)
- Aktenführung (exkl. Dokumentation, die ich gesondert aufführe)
- ggf. Personalverwaltung.
Aber auch eher Patient:innen-bezogene Aufgaben können dazu gerechnet werden, die nicht innerhalb der Behandlungsstunden erfüllt werden können. Dazu gehören zum Beispiel
- Behandlungsdokumentation
- Schreiben von Berichten
- Beantworten von telefonischen, elektronischen oder postalischen Anfragen.
Im Laufe der Zeit entwickeln sich Routinen, die es erleichtern, viele Aufgaben in einem Bruchteil der Zeit zu erledigen, den Sie noch zu Beginn Ihrer Niederlassung dafür benötigen. Jede:r entwickelt da die eigenen Strategien, oder lässt sich beraten bzw. sogar unterstützen.
Ein Blick auf die Liste der Tätigkeiten und der möglichen Unterschiede je nach Praxis macht deutlich, dass es sehr schwer ist, hinsichtlich der Zeitfrage hier allgemein gültige Aussagen zu treffen.
Nach meiner Erfahrung ist jedoch pro Patient:in und Woche mit einem zeitlichen Aufwand von ca. 10 Minuten für die Dokumentation zu rechnen. Dafür empfiehlt sich ein Template, das die immer wiederkehrenden Teile der Dokumentation bereits in das Stundenprotokoll einfügt, wenn Sie dafür mit einer Praxis-Verwaltungs-Software arbeiten.
Für die gesamten Aufgaben, die Patient:innen-unabhängig sind und in einer Praxis ohne Personal ist eine Zeit von ca. 30 min. pro Tag am Anfang sicherlich nicht untertrieben. Später kann auch ein Bruchteil dieser Zeit erforderlich sein.
Bei einem vollen Versorgungsauftrag beläuft sich diese Zeit also zusätzlich zu den Behandlungsstunden auf weitere mindestens etwa 3 1/2 Stunden Dokumentation und ca. 2 1/2 Stunden allgemeine Praxisorganisation pro Woche.
Ein halber Versorgungsauftrag verringert die Zeit auf mindestens ca. 2 Stunden 10 min. (bei 13 Patient:innen) und allenfalls ein bisschen weniger allgemeine Praxis-Organisation von etwa 2 Stunden.
Besonderer Zeitbedarf für Abrechnung, Buchhaltung und Co.
Je nach Zeitpunkt im Quartal ist dieser Aufwand jedoch in beiden Fällen höher. So benötige ich für die Abrechnung mit meiner Praxis-Software Elefant und bei einem vollen Versorgungsauftrag mit ca. 25-30 Scheinen etwa 15 Minuten vom Starten der Abrechnung bis zum Absenden der elektronischen Abrechnungsdatei an meine kassenärztliche Vereinigung. Ich trage jedoch die EBM-Ziffern immer gleich nach den Stunden ein, so dass eine weitere Überprüfung zum Zeitpunkt der Abrechnung entfällt. Was für mich jedoch immer einen erheblichen Zeitaufwand darstellt, ist das Sammeln und Erfassen der Belege für meine Buchhaltung sowie für die Rechnungsstellung, da ich neben meiner Behandlungstätigkeit auch noch als Supervisor und als Dozent, Selbsterfahrungsleiter bzw. Lehrtherapeut und als z.T. umsatzsteuerpflichtiger „Internet-Unternehmer“ wie hier für den Onlinesupervisor tätig bin.
Für einen Bericht an den Gutachter benötige ich je nach Schwierigkeit der Fragestellung zwischen zwei und vier Stunden vom Erstellen der Datei am Computer bis zur Endkorrektur und dem „Eintüten“ des Berichts zum Versand per Post.
Wie lassen sich nötige Aufgaben leichter bewältigen?
Aus meiner Sicht gehört dieser Teil der Tätigkeit einer bzw. eines selbständigen, niedergelassenen Psychotherapeut:in zu den für die meisten eher unangenehmen Aufgaben. Um so wichtiger ist, sich hier vor allem auf eine gute Organisation der anfallenden Tätigkeiten zu konzentrieren, um sich keine zeitraubenden Routinen zu entwickeln, sondern eine möglichst reibungslose Praxisorganisation hinzukriegen. Dazu gehört zum Beispiel
- verwandte Aufgaben zusammenzulegen, d.h. zum Beispiel alle Emails eines Tages in einem Block zu beantworten
- Eine Hängeregister-Ablage zum Vorsortieren für häufig vorkommende Ablage-Rubriken einzurichten, und diese gesammelten Belege/Dokumente „stapelweise“ einmal im Quartal in entsprechende Ordner abzuheften
- sich nach Möglichkeit immer gleiche Zeitpunkte für die Erledigung der Buchhaltung, der Rechnungsstellung, der Abrechnung oder der Ablageführung anzugewöhnen, und dafür per Kalender oder App Reminder einzurichten
- Teile der Aufgaben zu delegieren, wenn sich dagegen zu große Aversionen entwickeln sollten, wie zum Beispiel für die Buchhaltung und/oder die Steuerklärung.