Wieviele probatorische Sitzungen brauche ich, um mich für oder gegen eine Behandlung zu entscheiden?

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Nach den im kommenden April zu erwartenden Änderungen der Psychotherapie-Richtlinien werden Sie wenigstens zwei und höchstens vier probatorische Sitzungen verwenden müssen bzw. können, um sich zu entscheiden, ob und wie Sie mit einem Patienten arbeiten können und wollen.

Die Frage, die den Hintergrund dieses Beitrags bildet, richtete sich jedoch darauf, ob man bereits nach einer probatorischen Sitzung wissen kann, dass man mit diesem Patienten gut arbeiten kann – oder eben nicht.

Reicht eine probatorische Sitzung für meine Entscheidung aus?

Nach meiner Einschätzung ist das durchaus möglich. Das hängt davon ab, wie groß Ihre Erfahrung mit Erstgesprächen ist, und wie geübt Sie sich darin fühlen, Ihre eigenen Gedanken und Gefühle während des Gesprächs daraufhin zu untersuchen, ob eine Arbeit mit einem Patienten für Sie Erfolg versprechend sein könnte.

Ich empfehle Ihnen jedoch, sich wenigstens eine weitere probatorische Sitzung zu „gönnen“ und sich die Zeit zu nehmen, die Ihnen zwischen diesen beiden Gesprächen zur Verfügung steht, um sich einige Minuten und in Ruhe mit Ihren Eindrücken aus dem Erstgespräch zu beschäftigen. Am besten geschieht dies zunächst ohne Ihre Aufzeichnungen, die Sie vermutlich recht bald nach dem Erstkontakt angefertigt haben.

[ht_message mstyle=“alert“ title=“Tipp“ “ show_icon=“true“ id=““ class=““ style=““ ]Versuchen Sie dabei, folgende Fragen zu beantworten:[/ht_message]

– Woran erinnere ich mich als Erstes, und was taucht an Gefühlen aus dem Erstgespräch als Erstes auf?

– Verfüge ich bereits über eine erste Hypothese, was ein zentrales Problem dieses Patienten ist?

– Kann ich mir vorstellen, mit diesem Patienten an diesem zentralen Problem erfolgreich zu arbeiten? Woran würde ich mögliche Schwierigkeiten festmachen?

– Habe ich den Eindruck, dass der Patient eine erste Idee davon hat, was ihm fehlt?

– Haben ich das Gefühl, dass dieser Patient mit mir an diesem ersten, zentralen Problem wird arbeiten können? Womit könnte dieser Patient bei mir Schwierigkeiten bekommen?

– Verfüge ich schon über eine erste beziehungsdynamische Hypothese, die etwas über die Art und Weise aussagt, wie der Patient mit mir, seiner Frau, seinen Kindern, seinem Chef, seinen Eltern umgeht? Gleiches gilt natürlich auch für eine Patientin und ihren Mann, ihre Kinder, ihre Chefin usw.

Mit Ihren Gedanken dazu im Hinterkopf lesen Sie noch einmal Ihre Aufzeichnungen, und versuchen Sie, auf Folgendes zu achten:

  • Gibt es etwas, das Ihnen beim Nachdenken wieder eingefallen ist, das in den Notizen nach der Stunde fehlt? Etwas, das einem „entfällt“, hat oft eine tiefere Bedeutung.
  • Überlegen Sie sich, was das sein könnte.
  • Versuchen Sie, sich davon eine innere Notiz zu machen, mit der Sie dann in die folgende Stunde gehen, ohne es jedoch bewusst präsent zu halten. So aufbereitet, wird es Ihnen von selbst einfallen, wenn es im Material der zweiten Stunde eine Verknüpfung gibt, bewusst oder unbewusst.

Je umfänglicher die Planungen sind, die Sie alleine oder gemeinsam mit Ihrem Patienten anstellen müssen, desto mehr Stunden werden Sie benötigen, um zu einer Behandlungsvereinbarung zu kommen. Das kann die Termine betreffen, die für beide geeignet sind, aber auch mögliche Honoraranpassungen. Ich kann Ihnen nur empfehlen, bei der Beantwortung dieser Fragen oder der Lösung dieser Aufgaben nicht drängen zu lassen.

Auch der Patient muss sich entscheiden

Sollten Sie das Gefühl haben, dass Sie mit diesem Patienten mehr Zeit benötigen, als durch die jetzt fünf (acht bei analytischer Psychotherapie) Sitzungen bzw. zukünftig vier Sitzungen besteht, trauen Sie sich, dem Patienten das zu sagen, und offen mit Ihm zu besprechen, wofür Sie noch mehr Zeit für notwendig halten. Lassen Sie den Patienten dann entscheiden, ob er sich diese Zeit nehmen möchte. Vielleicht gibt es bei ihm entsprechende Schwierigkeiten, über die Sie dann besser miteinander sprechen können, wenn sie einmal ausgesprochen sind?

Fazit: auch wenn es prinzipiell möglich ist, sich innerhalb der ersten probatorischen Sitzung für oder gegen eine Behandlung zu entscheiden, und die Entscheidung dagegen sicherlich dann auch mit plausiblen Gründen leichter zu fällen ist, sollten Sie sich nach Möglichkeit eine weitere Stunde mindestens Zeit nehmen, um sich einen zweiten Eindruck zu verschaffen.

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