Angebote für interaktives Lernen im Internet werden nicht nur von vielen Hochschulen und Organisationen entwickelt. Sie dienen der Mitarbeiterschulung von Unternehmen, erweitern das Lehrangebot im Studium, oder sie sind als eine virtuelle Form des selbstbestimmten Lernens konzipiert.
Die Entwicklung von Informations- , Kommunikations- und Bildungsangeboten findet mittlerweile breiten Zuspruch, und trifft auf eine große Nachfrage. Gerade jetzt – in einer Zeit, in der wegen der Corona-Pandemie immer wieder notwendige Einschränkungen der Sozialkontakte auch in Bildungseinrichtungen wirksam werden, haben viele Menschen sowohl als Anbieter als auch Teilnehmende von Online-Angeboten eigene Erfahrungen damit machen können.
Aber welche?
Information – oder Bildung?
Dass das Internet sich als Medium eignet, um sich zu informieren, ist ja unbestritten. Aber selbst da gibt es genügend – und berechtigt – kritische Stimmen, die sich um die Qualität der verfügbaren Informationen sorgen. Es lohnt sich, darüber Gedanken zu machen, welches Machtpotential darin besteht, Informationen selektiert anzubieten, und das nicht nur vor einem wirtschaftlichem Hintergrund – Google oder Facebook als Konzerne stehen dabei ebenso in der Kritik, wie klassische Medienanbieter, die sich digitale Formate wie Online-Magazine oder „Apps“ für die Verwendung auf Smartphones oder Tablet-PC’s zulegen, um ein Stück dieses technologischen „Massen-Kuchens“ abzubekommen.
Wie verhält es sich jedoch mit dem Anspruch einer humanistischen Bildung im Humboldt’schen Sinne? Danach ließe sich Bildung verstehen als
…die Anregung aller Kräfte des Menschen, damit diese sich über die Aneignung der Welt entfalten und zu einer sich selbst bestimmenden Individualität und Persönlichkeit führen.
Lässt sich solch ein Bildungsverständnis mit den Möglichkeiten digitaler Medien verwirklichen? Können interaktive Lernumgebungen dafür nützlich sein? Ist Bildung nicht zugleich und wesentlich auch ein Beziehungsgeschehen? Und was ist anders, wenn sich Lernen unabhängig von einer real präsenten Gemeinschaft der Lernenden ereignet?
MOOC, Moodle, Mahara & Co.
Die technischen Voraussetzungen und Plattformen dafür schießen wie Pilze aus dem Bodden. MOOC’s – „Massive Open Online Courses“ – ermöglichen ihren Teilnehmern, sich mit digitaler Hilfe interaktiv weiterzubilden, und dabei mit anderen Teilnehmern auszutauschen, ohne diese jemals persönlich kennengelernt haben zu müssen.
Es gibt mittlerweile kaum eine Hochschule mehr, die ihr Angebot für Studierende nicht in irgendeiner Form digital erweitert. Das ermöglichen Plattformen wie Moodle, das von Hochschulen wie der Aga Khan University oder der International Psychoanalytic University (IPU) Berlin verwendet wird. Oder Mahara, ein ePortfolio, das die Studierenden sogar über ihren gesamten Bildungsweg begleiten soll, indem es Unterstützung bei späteren Bewerbungen anbietet. So kann eine digitale Erweiterung des eigenen Lebenslaufes potentiellen Arbeitgeber ermöglichen, sich einen Eindruck über den Bildungsstand ihrer zukünftigen Mitarbeiter zu machen.
Mit Hilfe digitaler Technologien verbreiten sich Lehr- und Lern-Angebote heute weit über die klassischen Bildungseinrichtungen hinaus. Sie ermöglichen Studierenden, ihre Lehrpläne von zuhause aus zusammenzustellen, an Tests teilzunehmen, Kurse, an denen Sie teilgenommen haben, mit Hilfe zusätzlicher Materialien zu vertiefen, oder besuchte Vorlesungen per Video noch einmal nachzuschauen.
Aber auch ohne jeden berufsbildenden Abschluss haben Internet-Nutzer die Möglichkeit, an hoch qualifizierten Ausbildungsangeboten teilzunehmen. Die berühmtesten Anbieter sind z.B. das Massachusetts Institute of Technology (MIT) oder die E-Learning-Plattform Udacity, bei der einzelne Kurse kostenlos oder gegen Gebühr belegt werden können.
Es bilden sich selbstorganisierte Lerngruppen, die zum Teil als geschlossene Gruppen in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Google Plus konzipiert sind, und so jederzeit in „Reichweite“ ihrer Mitglieder den Austausch über gemeinsame Lernerfahrungen ermöglichen.
Aber Psychotherapie lernen – Online?
Manch einem mag die Vorstellung befremdlich erscheinen, dass eine solche „Beziehungsarbeit“ wie die Psychotherapie sich online lernen ließe. Wie sollte das gehen?
Hieße das am Ende gar, dass die Präsenzangebote der Ausbildungsinstitute zugunsten von Online-Kursen und Video-Seminaren eingeschränkt würden, und das nicht nur in Pandemie-Zeiten?
Wäre damit nicht die Gefahr verbunden, dass die Präsenz von Theorien wie der Psychoanalyse, die nicht zum Mainstream der Hochschul-Psychologie gehören, an den Universitäten noch mehr zurück geht, weil die Hochschuldozenten auf solche Online-Angebote verweisen könnten?
Solche und ähnliche Bedenken begegnen uns in der Diskussion über die rasch voran schreitende Entwicklung digitaler Technologien häufig. Man denke nur an die Sorge, dass die zunehmende Verbreitung von Lesegeräten wie Kindle oder anderen Ebook-Readern den Tod des Buches bedeuten könnte, oder dass Nachrichtendienste im Internet den Print-Medien den Untergang bereiten werden. Das waren Themen, die noch Anfang der 2010er Jahre heiß diskutiert wurden.
Lässt sich diese Frage psychoanalytisch qualifiziert beantworten?
Zweifel und Skepsis begleiten alle Neuerungen, nicht nur die technologischer Art. Damit gelangen wir in ein Dilemma, das der italienische Psychoanalytiker Vincenzo Bonaminio im 2013 erschienenen Buch „Psychoanalysis in the Technocultural Era“ beschreibt:
Thus, one may risk falling either into the trap of de-pathologizing certain behavioral patterns that have become „common ways of living,“ or, just the opposite, falling into the trap of hyper-pathologizing particular clinical behaviors (…)
Wie lässt sich diesem Dilemma entgehen?
Charlotta Björklind, schwedische Psychoanalytikerin aus Stockholm, schlug dazu ihren psychoanalytischen Kollegen während eines Symposiums „Psychoanalysis in 2025“ der Europäischen Psychoanalytischen Föderation (EPF) vor, sich der kollektiven Gegenübertragung zuzuwenden, um damit eine psychoanalytische Haltung (wieder-) zu erlangen.
So ließe sich die technokulturelle Entwicklung aus psychoanalytischer Sicht genauso untersuchen, wie jedes andere gesellschaftliche Phänomen auch.
Aber soll sich „die Psychotherapie“ daran beteiligen?
Ich mache mir Gedanken über Möglichkeiten, mit denen sich das kommunikative Angebot einer psychotherapeutischen Seite wie der des Onlinesupervisors weiter entwickeln ließe. Bereits in der Gründungsphase stand die Idee im Raum, Online-Seminare anzubieten.
Doch bisher konnte ich diese Idee nicht realisieren – ein Nachfragewerk für psychotherapeutische Themen aus der Erfahrung meiner Arbeit als Supervisor „von Null“ aufzubauen, erwies sich alleine schon als ambitioniert genug.
Nun denke ich neu – und könnte mir eine solche Weiterentwicklung nur vorstellen unter Ihrer Beteiligung. Wie könnte ein solches Online-Lernangebot aussehen? Welche möglichen Auswirkungen und Schwierigkeiten müssen wir bedenken? Was könnte sich lohnen, und wie ließe es sich realisieren?
Bitte sagen Sie mir Ihre Meinung
Aus diesem Grund starte ich hier eine kleine Umfrage, an der ich Sie bitten möchten, teilzunehmen. Sie könnte mir eine erste Einschätzung in Form eines Meinungsbildes darüber geben, ob und wie sich ein solches Experiment lohnt.
Um an dieser Umfrage teilzunehmen, „müssen“ Sie lediglich die ersten zwei Fragen beantworten. Mich freut natürlich, wenn Sie Zeit und Lust haben, mir Ihre Einschätzung auch zu den nachfolgenden Fragen mitzuteilen. Erst mit einem Klick auf „Absenden“ wird Ihr Votum auch registriert.
Die bisherigen Ergebnisse unserer Umfrage
Sobald sich einige Leser*innen an meiner Umfrage beteiligt haben, werde ich Ihnen hier die Ergebnisse präsentieren. Bis dahin bitte ich Sie noch um ein wenig Geduld – und um Ihre Teilnahme 🙂
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Eine Bitte: Falls Sie noch nicht an der Umfrage teilgenommen haben, es aber beabsichtigen, schlage ich Ihnen vor, nicht direkt auf die nächste Seite umzublättern, sondern zunächst „unbeeinflusst“ von den Ergebnissen Ihre eigene Wahl zu treffen, und dann erst zu schauen, was andere Teilnehmer*innen meinten.